Heinz Kohut
1975 rezensierte Rudolf Heinz das 1973 erschienene »Narzißmus«-Buch von Heinz Kohut. 1976 brachte er die existenzielle Psychoanalyse Sartres in einen Zusammenhang mit der Narzissmustheorie von Kohut: nach Sartre ist der Mensch »Seinsmangel« und deshalb »Seinsbegierde«; das ist das Selbst bei Heinz Kohut. In den folgenden Jahren kam es zu einem Briefwechsel zwischen Rudolf Heinz und ihm.
Die Priorität des Narzissmus vor der Objektbesetzung bei Kohut korrespondiert der pathognostischen Sichtweise, dass es keine Objektbeziehungen gibt, die nicht durch das narzisstische Autarkiephantasma gestützt sind. Das Autarkiephantasma bildet sich in Abwehr von Inzestbedrohungen – so lässt sich pathognostisch Kohuts Narzissmusbegriff reformulieren. Unzureichend aus der Sicht der Pathognostik ist die Genealogisierung des Narzissmus. Die Explikation der Elternimago wäre ein Weg zu einer Genealogisierung des narzisstischen Selbsts.
Die narzisstischen Übertragungsformen wären als Widerstandsformen zu verstehen und das Konzept der »Autonomie des Selbst« als deren Rationalisierung. – Widerstand wogegen? Gegen den dingkonstitutiven Muttermord?
Rudolf Heinz macht die narzisstische Übertragung (Idealisierung des Anderen) zum Prozess der Dinghervorbringung. Der idealisierte Andere wird dinglich-maschinell substituiert, weil die narzisstische Disponierung des Anderen sich in seiner Dingwerdung vollendet. Der Andere wird mortalisiert, in ein Ding umgewandelt: "Hyperidealisierung als Nicht-mehr-Idealisierung des Anderen als dessen Mortifikation" (KAU 1, 80). Der narzisstische Mangel ist das Produktionsmotiv der Dinge.
Die narzisstische Erfüllung ist die Verdinglichung des Anderen, die sich in der Dingwerdung vollendet – eine Argumentation, der sich Heinz Kohut verweigerte.
Heinz Kohut in memoriam; in: Kaum. Halbjahresschrift für Pathognostik 1, 80
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